Schützen Immobilien vor Inflation?
Die im Volksmund weit verbreitete Meinung gilt nicht immer - was müssen Immobilieneigentümer bedenken.
Die SNB hat mit der Einführung der Negativzinsen vor allem Währungspolitik betrieben und damit in Kauf genommen, dass die Immobilienpreise steigen. Dank den tiefen Hypothekarkosten stieg die Nachfrage nach Wohneigentum stark an und damit erhöhten sich auch die Preise in diesem Segment. Auf der einen Seite wird das Eigenheim im Vergleich zu einer Mietwohnung dank tieferen Hypotheken günstiger (wir haben dazu bereits geschrieben: https://www.monterealis.ch/post/steigende-hypothekarzinsen-aufgrund-inflationsängsten-1). Anderseits zieht es aber auch institutionelle Anleger in den Immobiliensektor, weil diese im Immobilienmarkt wenigstens noch eine Rendite erzielen können im Gegensatz zu Obligation, welche kaum Rendite mehr abwerfen. Die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt ist eine Verzerrung, welche die SNB mit ihren Negativzinsen in Kauf nimmt.
Sachwerte werden von Experten immer wieder genannt als sogenannter Inflationshedge - den Schutz gegen die Inflation. Zu den Sachwerten zählen unter anderem Aktien, Edelmetalle, Rohstoffe und eben auch Immobilien. Eine kürzlich erschienene Studie von Professoren der London Business School (Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton) haben die langfristigen Renditen für verschiedene Anlageklassen untersucht. Die dabei errechneten realen Renditen, bereinigt um die Inflation, für den Zeitraum von 1900 bis 2017 geben ein aufschlussreiches Resultat: So betrugen die entsprechenden realen Renditen von Schweizer Wohnimmobilien gerade mal 0.7% pro Jahr. Globale Aktien hingegen erreichten eine reale Rendite von 5.2%. Vor diesem Hintergrund scheinen Wohnimmobilien über mehrere Zyklen eher bescheidene reale Renditen abzuwerfen. Aber wie sie es eigentlich genau aus mit Inflationsschutz von Immobilien? Selbst in der Schweiz hatten Immobilien in den späten 80er Jahre kaum den Charakter einer Inflationsgeschützten Anlage.

Hier sollte man primär unterscheiden zwischen selbstgenutztem Wohneigentum und den vermieteten Renditeliegenschaften. Bei Letzteren kommen die Unterhalts- und Instandsetzungskosten ins Spiel. Diese steigen oft stärker an als eine möglich Erhöhung der Mieten und dadurch resultiert auch meist eine tiefere Rendite über die Zeit. Denn das Mietrecht in der Schweiz ist stark reguliert, die Mieten an den Referenzzinssatz gekoppelt, teurere Sanierungen und Unterhalt lassen sich per se nicht 1:1 überwälzen. Angesichts dieser Tatsache bilden vermietete Immobilien nur begrenzten Inflationsschutz, binden aber meist viel Kapital mit entsprechendem Leverage.
Beim selbstgenutzten Eigenheim sieht es etwas besser aus. Das Optimum an Inflationsschutz bieten wohl die eigenen vier Wände an guter Lage und guter Qualität. Denn Studien haben gezeigt, dass der Inflationsschutz nicht überall gleich gut vorhanden ist - an peripheren Lagen zum Beispiel liegt diese meist deutlich tiefer als in den Städten oder am Zürichseeufer. Dem Eigentümer zugute kommt jedoch primär die Tatsache, dass mit der Inflation auch seine Schulden an Wert verlieren. Gleichzeitig sollten zu einem gewissen Grad auch die Immobilienpreise steigen. Dies ist insbesondere längerfristig, über mehrere Zyklen, der Fall. So kann längerfristig hier von einem partiellen Inflationsschutz gesprochen werden. Jedoch sind Immobilienpreise in den letzten Jahren kaum von der Inflation getrieben worden - es waren reale Preisänderungen bei tiefer Inflation. Die letzten Jahre waren geprägt durch Geldmengenwachstum ohne starkes Wirtschaftswachstum. Es stellt sich somit die Frage, ob noch wie früher mit einem partiellen Inflationsschutz kurz- bis mittelfristig gerechnet werden kann. Aufgrund der bereits gesehenen massiven Preisanstiege wird diese meines Erachtens tiefer ausfallen. So kann es unter Umständen sein, dass Immobilien, je nach Lage und Zustand, auch mittelfristig keinen Inflationsschutz bieten. Selbst in den 80er Jahren hatten die Immobilien in der Schweiz kaum den Charakter eines inflationsgeschützten Investments.
Fazit: Wohneigentum zu besitzen ist zweifellos etwas Schönes und Erstrebenswertes. Es bietet die Freiheit, das eigene Heim nach eigenem Gutdünken umzugestalten und selbst darüber zu verfügen. Entgegen der weit verbreiteten Meinung ist es jedoch kurz- bis mittelfristig keine gute Idee Immobilien nur aufgrund des Inflationsschutzes zu halten. Wie oben erwähnt gibt es effizientere und flexiblere Anlageklassen.